Frenzel, unabh. akkreditierte Online-Journalistin
7 Minuten Lesezeit
30 Nov
30Nov

Einleitung: Warum kritisches Hinsehen im Netz so wichtig ist

Im digitalen Zeitalter ist die Fähigkeit, Falschnachrichten zu erkennen, eine entscheidende Kompetenz. Die gezielte Verbreitung falscher Informationen stellt ein grosses Problem dar, da sie das Potenzial hat, die öffentliche Meinung zu verzerren und unsere Entscheidungen zu beeinflussen. Um sich davor zu schützen, ist es wichtig, den Unterschied zwischen unbeabsichtigten und absichtlichen Falschinformationen zu kennen.


BegriffErklärung
MisinformationFalsche Informationen, die versehentlich verbreitet werden, ohne die Absicht zu täuschen.
DesinformationFalsche Informationen, die absichtlich verbreitet werden, um zu täuschen, zu manipulieren oder zu schaden.


Im Leitfaden enthalten, drei praktische Schritte, um die Glaubwürdigkeit von Informationen im Internet selbstständig zu überprüfen und Desinformation zu entlarven.


Bild: Das Bild zeigt die drei Schritte der Überprüfung von Quellen

Bild: Das Bild zeigt die drei Schritte der Überprüfung von Quellen


1. Schritt: Den Absender prüfen?

Der erste und wichtigste Schritt zur Bewertung einer Nachricht ist die Überprüfung ihrer Herkunft. Wer ist der Autor oder die Organisation, die hinter einer Information steht? Ein kurzer Hintergrund-Check kann oft schon erste Warnsignale aufdecken.

  1. Profil in sozialen Medien analysieren: Eine Analyse des Social-Media-Profils liefert wertvolle Hinweise. Achten Sie auf die Chronologie der Beiträge, die geteilten Inhalte und die Art der Kommentare. Dies gibt Ihnen tiefe Einblicke in die Interessen und die Agenda des Absenders.
  2. Profilbild prüfen: Ein Profilbild kann täuschen. Mit einer Rückwärts-Bildersuche (z. B. über Google Bilder) können Sie schnell herausfinden, ob das Bild authentisch ist oder von einer anderen Webseite gestohlen wurde, um eine falsche Identität vorzutäuschen.
  3. Webseite untersuchen: Jede seriöse Webseite benötigt ein Impressum. Fehlt dieses, ist das ein Warnsignal. Finden Sie ein Impressum mit einer ausländischen Adresse, nutzen Sie eine Suchmaschine, um mehr über den Betreiber herauszufinden. Prüfen Sie zudem mit Werkzeugen wie der Wayback Machine oder Archive.today, ob sich das Impressum oder der Inhalt der Seite über die Zeit verändert hat, was auf einen Wechsel der Betreiber oder Strategie hindeuten kann.
  4. Nachrichten ohne Quelle verfolgen: Wird eine Nachricht ohne Link, zum Beispiel auf WhatsApp, geteilt, ist der Ursprung oft unklar. Geben Sie in diesem Fall den exakten Wortlaut der Nachricht in eine Suchmaschine ein. So finden Sie oft die ursprüngliche Quelle oder bereits existierende Faktenchecks zu diesem Thema.

Haben Sie den Absender geprüft? Exzellent. Der nächste Schritt führt uns zur visuellen Analyse, denn Bilder sind ein zentrales Werkzeug in der modernen Desinformation.


2. Schritt: Bilder und ihren Kontext analysieren

Bilder stehen oft im Zentrum von Desinformationskampagnen, da sie starke Emotionen auslösen und leicht aus ihrem ursprünglichen Kontext gerissen werden können. Ein echtes Foto kann so zur Stützung einer völlig falschen Geschichte benutzt werden. Das wichtigste Werkzeug zur Überprüfung von Bildern ist die Bilder-Rückwärtssuche. Sie hilft Ihnen, die Herkunft eines Bildes zu verfolgen und zu sehen, in welchem Kontext es ursprünglich verwendet wurde. So führen Sie eine Bilder-Rückwärtssuche durch:

  1. Gehen Sie zu einer Bildersuchmaschine wie Google Bilder.
  2. Laden Sie das Bild von Ihrem Gerät hoch oder fügen Sie die Bild-URL ein.
  3. Die Suchmaschine zeigt Ihnen Webseiten an, auf denen das gleiche oder ein ähnliches Bild erscheint, und gibt Ihnen so Hinweise auf den ursprünglichen Kontext.

Es gibt auch spezialisierte Werkzeuge, die Ihnen bei der Analyse helfen können:

  • TinEye: Eine Suchmaschine, die anzeigt, wann und wo ein Bild zum ersten Mal online erschienen ist, und auch bearbeitete Versionen aufspürt.
  • InVID & WeVerify: Ein Chrome Plugin, das speziell für die Überprüfung von Bildern und Videos aus sozialen Medien entwickelt wurde.
  • FotoForensics: Eine Online-Software, die mittels Fehlerlevelanalyse (ELA) sichtbar machen kann, ob und wo ein digitales Bild möglicherweise bearbeitet wurde.
  • RootAbout: Ideal für die Recherche von historischen Fotos und Covern, da es die Archive von internetarchiv.org durchsucht.
  • Berify: Ermöglicht die kostenlose Prüfung von fünf Bildern und durchsucht für Abonnenten auch soziale Medien.

Nach der visuellen Analyse des Bildmaterials widmen wir uns nun dem geschriebenen Wort. Hier verraten Sprache und Quellen oft mehr, als dem Absender lieb ist.


3. Schritt: Quellen und Sprache entlarven

Sprache ist der Kanal der Kommunikation, doch Akteure der Desinformation nutzen sie gezielt, um absichtlich zur Irreführung beizutragen. Achten Sie auf diese fünf linguistischen Spuren, die Ihnen helfen, gezielte Manipulation von sachlicher Information zu unterscheiden. Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Warnsignale zusammen:

MerkmalBeschreibung des WarnsignalsBeispiel
TypografieÜbermässiger Gebrauch von GROSSBUCHSTABEN, Fettdruck oder Kursivschrift, um Aufmerksamkeit zu erregen und eine emotionale Reaktion zu provozieren.„UNGLAUBLICH: Dieses einfache Hausmittel KANN Krebs HEILEN!"
RechtschreibungHäufige Rechtschreibfehler oder absichtlich falsch geschriebene Wörter.„Neuste Forschungen haben bewissen, dass..."
GrammatikGrammatikalisch falsche Sätze, z. B. falsche Verbformen oder fehlende Artikel.Falsch: „Die Studie bewissen neue Erkenntnisse.“ (Richtig wäre: „Die Studie beweist neue Erkenntnisse.“)
WortwahlVerwendung mehrdeutiger oder vager Begriffe, um Unsicherheit zu schüren, ohne konkrete Quellen zu nennen. Wer sind diese Experten? Was genau bedeutet tödlich in diesem Zusammenhang?„Experten warnen vor tödlicher Wirkung!"
Emotionale SpracheReisserische und emotional aufgeladene Sprache, die an Angst, Wut oder Empörung appelliert, um schnelle Reaktionen oder Klicks zu erzeugen.„Du wirst schockiert sein, was die Regierung vor dir verbirgt!"

Achten Sie besonders auf Schlagzeilen, die dramatische Adjektive verwenden, um eine starke emotionale Reaktion hervorzurufen. Typische Beispiele hierfür sind:

  • verheerend
  • apokalyptisch
  • explosionsartig


Zusammenfassung: Ihre Stärke ist kritisches Denken

Video: Falschmeldungen im Fokus mit Susan und Rayn (AI Avatare von Synthesia). 


Um sich im Informationsdschungel des Internets zurechtzufinden, helfen Ihnen drei Kernschritte: Prüfen Sie den Absender, analysieren Sie Bilder und ihren Kontext und bewerten Sie die verwendeten Quellen und die Sprache

Diese Methoden ermöglichen es Ihnen, die Glaubwürdigkeit einer Nachricht systematisch zu hinterfragen. Hüten Sie sich vor der trügerischen "News Finds Me"-Wahrnehmung, dem Glauben, dass wichtige Nachrichten Sie über soziale Medien von allein erreichen. 

Studien zeigen, dass Menschen mit dieser Wahrnehmung oft weniger politisch aktiv und anfälliger für Fehlinformationen sind. Dieser passive Konsum ist gefährlich, da Korrekturen und wichtige Kontexte auf der Strecke bleiben.Falschinformationen zu erkennen bedeutet, Verantwortung für das eigene Wissen zu übernehmen. Werden Sie zu einem aktiven und kritischen Nachrichtenkonsumenten. 

Hinterfragen Sie, was Ihnen präsentiert wird, und recherchieren Sie bewusst in vertrauenswürdigen Quellen. Ihre Fähigkeit, kritisch zu denken, ist Ihr wirksamster Schutz gegen Manipulation. Bedenken Sie stets: Nicht jede dramatische Schlagzeile ist eine gute Investition, ausser vielleicht in kritisches Denken.

Die Inhalte verdeutlichen die Risiken passiver Nachrichtenkonsumhaltung und bieten Strategien zur Stärkung der Medienkompetenz. Die Verbreitung von Falschmeldungen stellt ein bedeutendes Problem dar, insbesondere aufgrund ihres Potenzials, die öffentliche Meinung zu verzerren.

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