Im Marketing scheint die Formel einfach: 100% klingt nach Vertrauen, Qualität, Sicherheit. Doch was, wenn genau diese Vollständigkeit nicht überzeugt – sondern sogar Ablehnung erzeugt?
In vielen Bereichen wirken „100%“-Versprechen absolut glaubwürdig. Wer möchte nicht:
Doch sobald das beworbene Attribut nicht objektiv messbar oder definierbar ist, kippt die Wirkung. Aussagen wie:
klingen zwar stark, erzeugen aber zunehmend Skepsis und Widerstand.
Eine aktuelle Studie von Munichor & Levontin (2024) im Journal of Consumer Research stellt konventionelles Denken auf den Kopf. Die Forscher untersuchten die Wirkung sogenannter "bedeutungsloser Extremaussagen" – also Aussagen, die absolute Werte wie 100% verwenden, obwohl das zugrunde liegende Attribut nicht vollständig greifbar oder definierbar ist.
Kernaussagen der Studie:
„Die Auszeichnung 100% wird mit einem ansonsten informativen Attribut – z. B. Saft oder lecker – kombiniert, um eine Aussage zu erzeugen, die bei genauerer Betrachtung bedeutungslos ist.“
(Munichor & Levontin, 2024, S. 720)
Unsere Intuition warnt uns, wenn Aussagen zu absolut erscheinen – besonders bei Dingen, die subjektiv oder unklar definiert sind.
„Zu schön, um wahr zu sein“ – dieser Gedanke stellt sich unweigerlich ein, wenn Marken zu dick auftragen.
Konsumenten reagieren mit innerem Widerstand, wenn sie sich beeinflusst oder manipuliert fühlen – ein bekanntes Phänomen aus der Psychologie.
Konkrete Aussagen schaffen Vertrauen – weil sie prüfbar und realistisch wirken.
Die scheinbar paradoxe Zahl 101% wirkt symbolisch statt rechnerisch – und wird deshalb als emotional ehrlich wahrgenommen.
Unrunde Zahlen gelten als Beweis für sorgfältige Messung – sie deuten auf echte Analyse statt auf Marketingrhetorik.
Anwendung | Vorher | Nachher |
---|---|---|
Verpackung | 100% wirksam gegen Flecken | Entfernt nachweislich 99% der hartnäckigsten Flecken |
Website | 100% kundenorientiert | Persönliche Betreuung durch dedizierte Kundenberater |
Service | 100% Qualitätsgarantie | 101% Garantie – wir geben mehr als unser Bestes |
Tatsächlich kann „100%“ überzeugen – wenn es messbar ist oder Branchenstandard:
Solche Aussagen belegen nachprüfbare Fakten und stehen nicht im Widerspruch zu Verbraucherlogik.
100%-Aussagen haben ihren Platz – aber nur dort, wo sie sinnvoll, überprüfbar und relevant sind. Andernfalls gilt:
Weniger Perfektion – mehr Präzision.
Denn Kunden kaufen Vertrauen, nicht Werbeprosa. In einer Welt kritischer Konsumenten führt authentische, differenzierte Sprache weit öfter zum Ziel als die Illusion von 100%.