Die Strategie, Luxusprodukte an weit entfernten oder erhöhten Orten zu präsentieren, nutzt psychologische und räumliche Distanz, um Exklusivität zu inszenieren – ein Ansatz, der auch im DACH-Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz) funktioniert, aber kulturspezifisch adaptiert werden muss. Hier eine detaillierte Analyse:
Warum Distanz & Höhe im Luxusmarketing wirken
Psychologische Exklusivität:
- „Scarcity by Distance“: Produkte, die physisch oder visuell schwer erreichbar scheinen, wirken begehrenswerter (Chu et al., 2021).
- Beispiel: Eine Rolex in einer Zürcher Bahnhofstrasse wird in einer schmalen, hochbeleuchteten Vitrine präsentiert – der Abstand zum Betrachter schafft Respekt und Verlangen.
Metaphorische Bedeutung:
- Höhe als Statusymbol: Vertikale Positionierung (z. B. Logos oben auf Verpackungen) aktiviert unbewusst Assoziationen von Macht (Sundar & Noseworthy, 2014).
- Beispiel: Rimowa-Koffer in deutschen Flagship-Stores werden auf Augenhöhe platziert, während günstigere Gepäcklinien unten im Regal stehen.
Kulturspezifische Umsetzung im DACH-Raum
A. Physische Präsenz
- Flagship-Stores an prestigeträchtigen Orten:
- München: Die Luxuspositionierung der Marke Louis Vuitton. Die Lage in einem historischen Gebäude und die Nähe zu bedeutenden kulturellen Einrichtungen wie der Bayerischen Staatsoper verleihen dem Geschäft eine besondere Exklusivität und schaffen eine Distanz zur Alltagswelt.
- Wattens (Tirol): Die Swarovski Kristallwelten inszenieren Luxus inmitten alpiner Landschaften. Der ikonische „Riese“ mit seinem Wasserfall-Eingang und die schwebende Kristallwolke über dem Spiegelwasser schaffen eine Atmosphäre von Entrückung und Exklusivität – Natur als Bühne für unerreichbare Schönheit.
- Retail-Design:
- Schweiz: Patek Philippe in Genf stellt seine Uhren in freistehenden, exquisit gefertigten Glasvitrinen aus. Die dezente Inszenierung lenkt den Blick auf das Wesentliche – die feine Mechanik und das zeitlose Design –, während die hochwertige Verarbeitung der Präsentationsmöbel selbst ein Statement für höchste Handwerkskunst darstellt.
B. Digitale & Werbestrategien
- Plakatkampagnen:
- Red Bull nutzt in seiner Markenkommunikation häufig alpine Landschaften und Gipfel, um Assoziationen von Stärke, Abenteuer und Exklusivität zu wecken. Diese Bildsprache ist besonders in Werbekampagnen und Event-Sponsorings präsent, etwa im Bereich des alpinen Skisports oder bei Veranstaltungen wie dem Red Bull Alpenbrevet. Die Verwendung von Bergen und Gipfeln dient dabei als Metapher für das Überwinden von Grenzen und das Erreichen von Spitzenleistungen, was die Markenbotschaft von Red Bull – „verleiht Flügel“ – visuell unterstreicht.
- Schweiz: Lindt-Schokolade, Lindt & Sprüngli nutzt das Matterhorn als zentrales visuelles Element auf bestimmten Produktverpackungen, insbesondere bei Souvenirprodukten wie den „Lindt Souvenir Napolitains“ und der „Lindt Milchkanne Matterhorn“ . Diese Darstellungen betonen die Schweizer Herkunft und Qualität der Schokolade. In aktuellen TV-Werbespots hingegen liegt der Fokus auf der handwerklichen Herstellung und dem Genussmoment der Schokolade. Visuelle Elemente wie das Matterhorn oder alpine Landschaften werden dabei nicht prominent eingesetzt.
- Videoproduktion:
- Rückwärts-Zoom-Effekte (Togawa & Sugitani, 2022): Studien zeigen, dass Rückwärts-Zooms in Produktvideos die Wahrnehmung von Luxus und Exklusivität steigern können. Viele Luxusmarken verwenden ähnliche visuelle Strategien, um ihre Produkte hervorzuheben.
- Partielle Verdeckung (Sevilla & Meyer, 2020): Studien zeigen, dass das bewusste Verbergen bestimmter Produktdetails die Neugier steigern und die Wahrnehmung von Exklusivität fördern kann.
C. Produktinszenierung
- Produktinszenierung – Blickrichtung nach oben (Van Rompay et al., 2012): Studien zeigen, dass die Darstellung von Produkten aus der Untersicht Assoziationen von Macht und Exklusivität hervorrufen kann.
Grenzen & Risiken
Übertriebene Distanz:
- Zu starke räumliche oder emotionale Distanz kann im DACH-Raum als arrogant wahrgenommen werden.
- Lösung: Kombination mit Zugänglichkeitssignalen – z. B. Porsche bietet exklusive Testfahrten, um technische Nähe trotz Premium-Image zu schaffen.
Kulturelle Ausnahmen:
- Schweizer „Understatement“: Zu plakative Höhenmetaphern (z. B. Berggipfel) wirken hier oft klischeehaft. Besser: Subtile Inszenierung in urbanen Luxuskontexten (z. B. Bucherer-Uhren im Zürcher Bahnhof).
Digitale Überforderung:
- Zoom-out-Effekte oder partielle Verdeckungen in digitalen Präsentationen können auf mobilen Geräten irritierend wirken, insbesondere für ältere Zielgruppen. Studien zeigen, dass ältere Nutzer auf Smartphones Schwierigkeiten mit kleinen Schaltflächen und komplexen Interaktionen haben. Es wird empfohlen, klare und einfache Designs zu verwenden, um die Benutzerfreundlichkeit zu erhöhen.
Praktische Empfehlungen für den DACH-Raum
Physische Läden:
- Platzieren Sie Schlüsselprodukte hinter Glas oder auf erhöhten Podesten – aber ergänzen Sie sie mit taktilen Erlebnissen (z. B. Ledermuster zum Anfassen).
Online-Shops:
- Nutzen Sie vertikale Scroll-Effekte, die Produkte „von unten nach oben“ enthüllen (inspiriert von Van Rompay et al., 2012). Beispiel-Ansatz: Beim Scrollen erscheinen neue Perspektiven auf ein Produkt – etwa Detailaufnahmen einer Porzellanvase oder Nahaufnahmen einer Uhr –, sodass die handwerkliche Exzellenz Stück für Stück enthüllt wird.
Social Media:
- Instagram Stories: Zeigen Sie Luxusuhren in kurzen Clips, die aus der Vogelperspektive auf einen minimalistischen Tisch herabschweben.
Fazit
Die Inszenierung von Luxusprodukten an entfernten oder erhöhten Orten ist auch im DACH-Raum effektiv – jedoch mit Anpassungen:
- Deutschland: Technische Präzision durch erhöhte Podeste & industrielle Ästhetik.
- Österreich: Historische Eleganz durch theatralische Vitrinen in Palastsettings.
- Schweiz: Diskretion durch schwebende Minimalismus-Designs.
Achtung: Im DACH-Raum darf Distanz nie als Kälte missverstanden werden. Kombinieren Sie räumliche Exklusivität mit handwerklicher Nähe (z. B. Videos von Uhrmachern in Werkstätten).
Quellen in Englisch:
- Bjornsdottir, RT, Connor, P., & Rule, NO (2024). Soziale Urteile anhand von Gesichtern und Körpern. Zeitschrift für Persönlichkeits- und Sozialpsychologie.
- Chu, XY, Chang, CT, & Lee, AY (2021). Werte aus der Ferne und der Nähe: Einfluss räumlicher Distanz auf die Markenbewertung. Journal of Marketing, 85(6), 162-175.
- Park, J., & Hadi, R. (2020). Status-Zittern: Wenn kalte Temperaturen die Produktbewertung steigern. Journal of Consumer Psychology, 30(2), 314-328.
- Park, M., Im, H., & Kim, HY (2020). „Du bist zu freundlich!“ Die negativen Auswirkungen von Social-Media-Marketing auf die Wertwahrnehmung von Luxusmodemarken. Journal of Business Research, 117, 529-542.
- Sevilla, J., & Meyer, RJ (2020). Der Fantasie freien Lauf lassen: Der Einfluss visueller Verdeckung auf Präferenzen. Journal of Marketing, 84(4), 109-126.
- Sundar, A., & Noseworthy, TJ (2014). Logo hoch oder niedrig platzieren? Konzeptuelle Machtmetaphern im Verpackungsdesign. Journal of Marketing, 78(5), 138-151.
- Togawa, T., & Sugitani, Y. (2022). Sieht weit über meine Reichweite hinaus: Der Zoom-Effekt in Produktvideos beeinflusst die Luxuswahrnehmung und die Kaufabsicht. Journal of Consumer Psychology, 32(4), 687-698.
- Van Rompay, TJ, De Vries, PW, Bontekoe, F., & Tanja‐Dijkstra, K. (2012). Verkörperte Produktwahrnehmung: Auswirkungen von Vertikalitätshinweisen in Werbung und Verpackungsdesign auf den Verbrauchereindruck... Psychology & Marketing, 29(12), 919-928.
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