Zertifizierte Texterin, diplomierte Bloggerin
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07 Nov
07Nov

Das Internet hat uns einst versprochen, ein Tor zur unbegrenzten Welt der Informationen zu sein. Heute jedoch gleicht es einem Ozean voller flacher Wellen – alles fliesst, doch wenig dringt wirklich tief.

Die Frage ist nicht, ob das Internet überlebt – das wird es. Die eigentliche Frage ist, ob es seinen Sinn bewahrt. In einer Ära der Hyperautomatisierung, in der Anbieter stolz verkünden, Blogbeiträge in Minuten zu erstellen, bleibt eine schmerzliche Wahrheit: Die kreative und geisteswissenschaftliche Arbeit von Autoren, Textern und Content-Erstellern wird zunehmend entwertet. 

Nicht die Technologie selbst ist das Problem, sondern die Vorstellung, dass Inhalte mühelos und ohne menschliche Berührung entstehen können.

Doch wie bei jedem Fast Food fehlt dem, was schnell und einfach ist, die Substanz und der Nährwert.


Blogartikel zum Anhören:


Zwischen Gratismentalität und Qualitätsverlust: Die Herausforderung für Content-Ersteller

Das Whitepaper „Money for Nothing and Content for Free?“ der Landesanstalt für Medien NRW zeigt ein alarmierendes Phänomen im digitalen Content-Bereich: die weitverbreitete Gratismentalität. Viele Nutzer betrachten den Internetzugang bereits als ausreichende Bezahlung und erwarten hochwertige Inhalte kostenlos. Diese Haltung hat massive Auswirkungen auf die Zahlungsbereitschaft – und damit auf die Qualität der Inhalte.

Obwohl das Whitepaper vor allem journalistische Angebote betrachtet, gilt dieses Prinzip für jeglichen digitalen Content: Blogartikel, Ratgebertexte oder kreative Beiträge. Plattformen wie Netflix und Spotify haben die Erwartungen an Preisgestaltung und Inhalte geprägt. Sie bieten für wenig Geld scheinbar unbegrenzten Zugang – ein Modell, das für unabhängige Autoren und Content-Ersteller kaum zu stemmen ist.

Die Folge: Automatisierter Content wird bevorzugt, während originäre, durch menschliche Erfahrung bereicherte Inhalte an Sichtbarkeit verlieren. Die Gefahr besteht, dass das Internet zu einer endlosen Schleife aus Wiederholungen wird – effizient, aber seelenlos.


Automatisierter Content: Effizienz um jeden Preis?

Automatisierter Content erfüllt seinen Zweck – in Bereichen wie Wetter, Sport oder E-Commerce ist er effizient und praktisch. Aber was passiert mit den Inhalten, die uns berühren, zum Innehalten bringen und unsere Gedanken anregen? 

Texte, die durch die menschliche Erfahrung geformt sind, bleiben unersetzlich. Es sind diese Nuancen, die ein tieferes Verständnis und eine emotionale Verbindung schaffen – und genau das fehlt in einer Welt, die sich mit der seelenlosen Präzision von Algorithmen zufrieden gibt.

Beispiel:

Ein KI-generierter Reisebericht liefert Fakten und Sehenswürdigkeiten. Doch nur ein menschlicher Autor kann die Atmosphäre eines Marktplatzes, den Geruch von Gewürzen und das Gefühl des Moments einfangen.


Die Spaltung der Leserwelten

Eine unsichtbare Spaltung zeichnet sich ab: Auf der einen Seite stehen jene, die den Weg zu hochwertigen, inspirierenden Inhalten finden. Auf der anderen Seite diejenigen, die sich in einer Endlosschleife kostenloser, automatisierter Inhalte verlieren – gefangen in einer Welt, die sich wiederholt, ohne je etwas Neues zu bieten. Diese Bubble mag bequem erscheinen, doch sie hält uns in einem Zustand der geistigen Stagnation.


Die Wahl, die zählt: Inspiration oder Belanglosigkeit

Die Herausforderung für Content-Ersteller und Leser besteht darin, sich bewusst zu entscheiden, wie und wofür wir KI einsetzen. 

Es ist eine Frage der Werte: Reicht uns das Fast Food der Inhalte, oder suchen wir nach dem vollwertigen, selbst gekochten Mahl, das uns wirklich nährt? 

Automatisierte Texte können hilfreich sein – aber sie dürfen nicht die Geschichten ersetzen, die den menschlichen Geist beleben.

Wir sind nicht hier, um uns passiv zu füllen und anzuhäufen – wir sind hier, um zu wachsen, zu entdecken und inspiriert zu werden.


Die Verantwortung liegt bei uns

Content sollte mehr sein als ein Moment flüchtiger Aufmerksamkeit. Er soll Spuren hinterlassen, eine Brücke schlagen zwischen Information und Bedeutung, zwischen Konsum und Erlebnis. Es liegt an uns – Lesern wie Content-Erstellern –, diese Brücke zu bauen und zu zeigen, dass echter Content nicht nur gelesen, sondern gelebt wird.

Lassen wir uns nicht mit geistigem Fast Food abspeisen. Fordern und fördern wir Inhalte, die uns wirklich weiterbringen.


Quelle

Whitepaper "Money for Nothing and Content for free?", Christopher Buschow & Christian Wellbrock, Landesanstalt für Medien NRW, 02.07.2019


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