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02 Jun
02Jun

Eine Ergänzung zum Artikel in der NZZ am Sonntag vom 1. Juni 2025.

Der Auslöser: Ein Sonntag, ein Artikel, acht Tests

Ein starker Espresso und ein noch stärkerer Titel liessen mich am Sonntagmorgen innehalten: "Ist die KI so schlau wie eine Hauskatze?" (NZZ am Sonntag, 1. Juni 2025). 

Als zertifizierte AI Prompterin war mir klar: Das ist mehr als ein Scherz – es ist eine Einladung zur praktischen Überprüfung.“


Zeitungsausschnitt als Bild "Ist die KI so schlau wie eine Hauskatze?"

Bildquelle: NZZ am Sonntag, 1. Juni 2025


Ich schmunzelte. Doch ich wusste: Das ist mehr als eine rhetorische Spielerei. Es ist eine Einladung zu einer Herausforderung. Und der bin ich gefolgt.



Sprecher: Christian Plasa / Radiohost auf Elevenlabs




Die Frage – Kann ChatGPT Logikaufgaben lösen?

Im Artikel wurden acht Aufgaben aus klassischen Logik-Tests präsentiert. 

Für viele eine Zumutung für Künstliche Intelligenz. Für mich ein realistisches Testszenario.

Ich arbeitete mit GPT-4o und GPT-4.1. Kein „Was meinst du dazu?“. Sondern präzise Instruktion. Denn Prompting ist Führen mit Sprache, nicht ein Gespräch auf Zuruf.


Die Methode – Prompt + Bild = Analysefähigkeit

Ich rekonstruierte alle acht Aufgaben in Canva, exportierte sie als Bilder und lud sie in ChatGPT hoch. Ich begann mit einem Briefing für ChatGPT:

Du bist ein präziser KI-Analyst für visuelle Logikrätsel, Denkmuster und Aufgaben aus klassischen Intelligenz- und Logiktests. Bitte analysiere das folgende Bild als Teil eines IQ- oder Intelligenztestes. Deine Aufgabe: Betrachte die geometrische Struktur, Farbgebung, Zahlenverteilung oder Grössenverhältnisse. Finde logisch-mathematische oder visuelle Zusammenhänge (z. B. Additionen, Multiplikationen, Differenzen, Spiegelungen, Rotationen, Symmetrien, Paare, Muster).Erkläre deinen Denkprozess logisch Schritt für Schritt, ohne Kommentare oder Mutmassungen, sondern nüchtern und präzise. Gib am Ende nur eine eindeutige Lösung an, falls mehrere Möglichkeiten bestehen, entscheide dich logisch. Wichtig: Nicht raten. Nicht ausrechnen, wenn nicht ausdrücklich notwendig. Keine allgemeine Beschreibung, sondern lösungsorientierte Deduktion. Modus: Logik-Modus, Mustererkennungs-Modus, Visueller IQ-Test-Modus.

Das Resultat: acht Aufgaben – acht korrekte Lösungen – null Fehler.


Beispiel: Grössenlogik in Kreisen

Test mit Kreisen zur Grössenlogik für ChatGPT


In dieser Aufgabe "Wie gross ist der fehlende Kreis an der Stelle des Fragezeichens?" ist entscheidend: Begriffe wie „gross“, „mittelgross“ oder „klein“ zu definieren. Ich wusste das. Ich gab diese Einordnung mit. ChatGPT erkannte das Muster, die zugrunde liegende Regel. 

Kein Python, kein Rechnen – nur logisches Denken.

Es geht um Logik und Muster, nicht um Mathematik. 

Instruktion ist der Schlüssel – auch bei uns Menschen.


Beispiel: Farblogik im Quadrat

Test für ChatGPT: Farblogik

Auch hier ist nicht nur das Bild die Herausforderung, sondern die Fragestellung selbst:

„Welche Farbe folgt im Quadrat mit dem Fragezeichen?“ – und nicht etwa: „Welche Farbe hat das Quadrat mit dem Fragezeichen?“

Letzteres hätte zur Antwort „weiss“ geführt, weil das Quadrat mit dem Fragezeichen visuell weiss dargestellt ist. 

Doch „folgt“ bedeutet: Mustererkennung. Reihenfolge. Konsequenz. Eine Differenzierung, die entscheidend ist – und die ich als AI Prompterin explizit kenne.

Durch die präzise sprachliche Führung hat ChatGPT die korrekte Lösung ausgegeben. Eine klassische Lektion in semantischer Genauigkeit.


Weitere sechs Logik-Tests

Auch die sechs weiteren Tests wurden von mir nachgebaut und als Bild in ChatGPT hochgeladen. Das Sprachmodell löste alle korrekt.


Warum? Weil es präzise geführt wurde.

Das vollständige Testprotokoll mit allen Bildern:

Logikrätsel mit ChatGPT, das Protokoll.


Erkenntnis: Prompting ist ein sprachliches Handwerk

Wer mit KI arbeitet weiss: Sprachmodelle „denken“ nicht – sie folgen Mustern und Token. Und sie tun das umso besser, je klarer und präziser die Anweisung ist.

Auch Menschen lernen so.
Deshalb braucht es Ausbildung, Erfahrung und Verständnis für Sprache, wenn wir KI sinnvoll einsetzen wollen.


Ein ergänzender Blick

Ich sehe mein Essay als Ergänzung zum Artikel der NZZ am Sonntag. Der Text war ein Anstoss – mein Test ist ein Beispiel aus der Praxis.

Für mich war er Anlass, Praxiswissen einzubringen – und zu zeigen, was präzises Prompting tatsächlich bewirkt.


Sprache ist das zentrale Betriebssystem von ChatGPT – aber nicht das einzige

GPT-4o ist ein sogenanntes multimodales Modell: Es kann nicht nur Text verstehen und generieren, sondern auch Bilder analysieren, visuelle Muster erkennen und sprachlich darauf reagieren.

In meinem Test habe ich das gezielt genutzt: Ich lud die Logikaufgaben als Bilder hoch und instruierte das Modell mit einem präzisen Prompt. So wurde klar: Es reicht nicht, nur ein Bild zu zeigen – entscheidend ist, wie wir die KI sprachlich führen.

Denn die wahre Intelligenz liegt nicht im „Denken“ der KI – sondern in der Wechselwirkung von Eingabe, Kontext und Interpretation. Wer GPT-4o multimodal nutzt, muss beide Seiten meistern: Bild und Sprache. Nur dann entfaltet das Modell seine volle analytische Kraft.

Ich freue mich auf weitere Beiträge, die den gesellschaftlichen Dialog zu Künstlicher Intelligenz mit Kompetenz und Neugier begleiten.


Eine persönliche Erkenntnis

Prompting ist ein sprachliches Handwerk. Und wie jedes Handwerk braucht es Präzision, Erfahrung, Übung – und Bildung.

Ich testete acht Aufgaben. GPT-4o und GPT-4.1 lösten sie alle korrekt. Kein Python. Nur klare Führung durch Sprache und Bild. 

Ein Sonntag. Acht Aufgaben. Eine Erkenntnis: Wer die Sprache präzise beherrscht, aktiviert Potenzial. Auch bei Künstlicher Intelligenz.

Ich freue mich über Rückmeldungen – besonders von Leser:innen, die selbst Lust bekommen, die KI zu testen.


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