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18 Oct
18Oct
Warum mein Stift kreativer ist als eine Automatisierung

Das neue Wow heisst Effizienz – aber wie wirkt es sich aus?

Die Experten der Automatisierung sind in Feierlaune. Alles wird smarter, effizienter, automatisierbarer. Tools wie Zapier und Make übernehmen die kleinsten Handgriffe des Alltags, verbinden Kalender mit Aufgabenlisten, E-Mails mit Slack, und manchmal auch Menschen mit dem Gefühl, alles im Griff zu haben – ohne wirklich dabei zu sein.

Ich selbst arbeite tagtäglich mit generativen KI-Tools, denn ich bin AI-Prompterin. Die generative KI hilft mir zu  brainstormen und Grobkonzepte zu erstellen. Und ja, ich lasse mir helfen beim Ordnen meiner unstrukturierten Gedanken, um die Kernessenz herauszufinden. Aber, ich automatisiere bewusst nicht. 

Ich kenne die Versprechen dieser Automatisierungs-Technologie: mehr Zeit, mehr Effizienz, mehr Output. Und doch: Ich sitze hier, mit einem Stift in der Hand, einem Taschenkalender auf dem Tisch und frage mich, ob wir nicht längst dabei sind, uns selbst zu automatisieren – mitsamt unserer Kreativität, unserer Aufmerksamkeit und vielleicht sogar unserer Identität.


Analoge Unordnung – mein kreatives Biotop

Ich schreibe noch mit der Hand. Und zwar nicht aus nostalgischem Trotz oder romantischer Verklärung des Analogen. Sondern aus Überzeugung. Meine Ideen entstehen nicht in einem Dashboard. Sie entstehen beim Spazierengehen, beim Brot backen, zwischen Kaffeetasse und Klebezettel. 

Sie entstehen dann, wenn ich nicht getaktet bin, nicht getrackt, nicht optimiert. Sie entstehen, wenn Raum da ist – für Umwege, Abschweifungen, für Denkfehler und Geistesblitze.

Ich nutze bewusst keinen digitalen Alleskönner wie Notion. Nicht, weil ich Technik ablehne – im Gegenteil. Sondern weil ich gelernt habe, dass Struktur, wenn sie zu perfekt ist, den kreativen Prozess eher erstickt als beflügelt. 

Der Stift ist nicht besser als das Tool. Aber er ist freier. Und das zählt für mich mehr als jede noch so schicke Benutzeroberfläche.

Wenn ich an einem neuen Artikel arbeite, dann arbeite ich in einem kreativen Chaos, sage ich liebevoll zu mir. Ich weiss sogar, wo ich es wiederfinde, ganz ohne App. 


Wenn das Wissen sich aus dem Staub macht

Die Forschung liefert dazu klare Hinweise. 

Bereits 2011 zeigten Betsy Sparrow, Jenny Liu und Daniel Wegner, dass Menschen Informationen zunehmend nicht mehr selbst speichern, sondern sich darauf verlassen, dass sie online jederzeit verfügbar sind. Unser Gedächtnis speichert also nicht mehr den Inhalt, sondern den Ort der Information – ein Phänomen, das man als „digitale Amnesie“ bezeichnet (Sparrow et al., 2011). 

Wir verlernen nicht nur zu erinnern – wir verlernen, zu behalten.


Konzentration? Nur noch mit WLAN

Nicholas Carr ging in seinem Buch The Shallows noch weiter. Er stellte fest, dass das ständige Scannen, Klicken und Springen zwischen Inhalten unsere Fähigkeit zur tiefen Konzentration untergräbt. 

Das Gehirn verlernt, sich zu fokussieren, weil es sich an flache Informationsverarbeitung gewöhnt hat (Carr, 2010). Wir verlieren damit nicht nur Gedächtnisleistung, sondern auch die Fähigkeit zur vertieften Reflexion – jene Form des Denkens, die über das  Abarbeiten hinausgeht.


Multitasking: Viel hilft wenig

Und dann ist da noch das Multitasking  – ein Begriff, der lange als Effizienzversprechen galt. 

Die Forschung jedoch mahnt zur Vorsicht. Ophir et al. (2009) zeigten, dass exzessives Medien-Multitasking mit einer schlechteren kognitiven Kontrolle einhergeht. Zwar relativierten spätere Studien wie die von Wiradhany & Nieuwenstein (2017) diesen Zusammenhang, doch die grundsätzliche Frage bleibt: Was bedeutet es für unser Denken, wenn wir nie wirklich bei einer Sache sind?



Kreativität braucht Langeweile – kein Interface

Der Verlust der Langeweile – also jener oft belächelten, aber kognitiv hochproduktiven Zwischenzustände – verschärft das Problem. 

Der Neurowissenschaftler Moshe Bar beschreibt, wie das Gehirn in Phasen der Inaktivität beginnt, Assoziationen zu bilden, Vorhersagen zu treffen und neue Ideen zu entwickeln (Bar, 2007/2011). 

Doch wenn wir jede Leerstelle im Alltag mit automatisierten Reizen füllen, mit Checklisten und Erinnerungen, nehmen wir uns genau diesen Raum: Den Raum des schöpferischen Nichtstuns.


Konzentrationskrise 2.0

Auch die Fähigkeit zur langfristigen Fokussierung scheint zu schwinden. In iBrain beschreiben Gary Small und Gigi Vorgan (2009), wie die andauernde Reizüberflutung durch digitale Medien zu Veränderungen in der neuronalen Struktur führen kann – mit potenziellen Folgen für das emotionale Gleichgewicht und die Problemlösungsfähigkeit.


Zukunftsdiagnosen: Prompt Fatigue und digitale Denkpause

Ich frage mich deshalb: Wie sieht das Internet – und unser Verhältnis dazu – in fünf Jahren aus? Werden wir dann Notifications erhalten, wann es Zeit ist, kreativ zu sein? 

Wird die Fähigkeit, selbstständig zu denken, als Extra-Modul angeboten – gegen monatliche Gebühr? 

Und was passiert mit all den Menschen, deren Gehirn nie lernt, eine Idee zu entwickeln, ohne dass ein Interface sie abfragt?

Vielleicht brauchen wir neue Begriffe für die Krankheiten, die noch kommen werden: „Prompt Fatigue“, „Creative Block durch Hyperstrukturierung“, „Kontextabhängige Konzentrationsstörung“. Vielleicht lachen wir heute noch darüber. Vielleicht auch nicht.


Ich bleibe beim Stift – mit voller Absicht

Ich jedenfalls bleibe dabei: Ich denke noch selbst – auch wenn’s altmodisch ist. Und ich werde weiter so oft mit meiner Hand schreiben, solange meine Gedanken es verlangen. Nicht, weil es besser ist. Sondern weil es mir gehört.



Quellen: 
  • Sparrow, B., Liu, J., & Wegner, D. M. (2011). Google Effects on Memory: Cognitive Consequences of Having Information at Our Fingertips.
  • Carr, N. (2010). The Shallows: What the Internet Is Doing to Our Brains.
  • Ophir, E., Nass, C., & Wagner, A. D. (2009). Cognitive Control in Media Multitaskers.
  • Wiradhany, W., & Nieuwenstein, M. R. (2017). Two Replication Studies and a Meta-Analysis.
  • Bar, M. (2007, 2011). The Proactive Brain.
  • Small, G., & Vorgan, G. (2009). iBrain: Surviving the Technological Alteration of the Modern Mind.
Bildquelle: Canva-Kreation


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