Die Erwachsenenbildung steht heute vor einem Wendepunkt: Der steile Anstieg von Künstlicher Intelligenz (KI) und digitalen Tools bietet neue Möglichkeiten, stellt jedoch auch traditionelle Bildungsansätze in Frage. Besonders Inhaber kleiner und mittlerer Unternehmen sowie Einzelunternehmer ohne Personal benötigen praktische, zeitgemässe Weiterbildungslösungen, die ihnen ermöglichen, KI-Tools effizient zu nutzen und in ihre Prozesse zu integrieren.
Dieser Fachbericht untersucht, wie eine moderne Weiterbildung mit Fokus auf AI-Tools gestaltet sein kann. Dabei wird auch das Konzept des Beziehungslernens berücksichtigt, das in der Erwachsenenbildung eine Schlüsselrolle spielt. Der Fokus liegt auf selbstgesteuerten Formaten, die praxisorientiertes Lernen fördern, ohne die zeitlichen Ressourcen der Teilnehmenden übermässig zu belasten.
Podcast zum Thema: Weiterbildung für Inhaber und Unternehmer im Zeitalter der KI
Effektive Weiterbildung für AI-Tools
1. Wie lernen Erwachsene und welche Rolle spielt Beziehungslernen?
Ausgangslage
Erwachsene bringen umfangreiche Lebenserfahrungen mit und erwarten praxisrelevante Inhalte. Inhaber von Unternehmen und Einzelunternehmer stehen zusätzlich vor der Herausforderung, Lernprozesse mit der Führung ihres Geschäfts zu verbinden.
Prinzipien des Beziehungslernens
- Gemeinsames Lernen: Auch in digitalen Formaten fördert der Austausch mit anderen Teilnehmenden das Verständnis und die Motivation.
- Erfahrungsorientierung: Erwachsene profitieren von der Verknüpfung neuer Inhalte mit ihren bisherigen Erfahrungen.
- Unterstützung und Feedback: Ein unterstützendes Netzwerk aus Mentoren oder Peers stärkt die Lernbereitschaft und die nachhaltige Anwendung des Wissens.
Bedürfnisse der Zielgruppe
- Zeitliche Flexibilität: Bildungsformate müssen in den vollen Arbeitsalltag integriert werden können.
- Praxisorientierung: Inhalte sollten direkt auf die Nutzung von AI-Tools und deren Vorteile abzielen.
- Selbstgesteuertes Lernen: Kurse, die unabhängig von festen Zeiten konsumiert werden können, sind essenziell.
- Keine "Kaffeefahrten durch Tools": Inhalte sollten klar strukturiert sein und den Fokus auf konkrete Anwendungsfälle legen, statt eine breite, oft oberflächliche Tour durch viele Tools anzubieten.
- Kosteneffizienz: Online-Kurse sind durch den Wegfall von Kosten für Schulungsräume, Verpflegung, Anreise und Unterbringung deutlich günstiger als Präsenzveranstaltungen.
- Spezielle Bedürfnisse älterer Lernender: Menschen ab 50 lernen oft langsamer und haben spezifische Anforderungen:
- Barrierefreiheit: Inhalte sollten gut lesbar sein, mit grösseren Schriftgrössen und klarer Struktur.
- Vielfältige Lernmaterialien: Ergänzend zu Videos sollten auch Transkripte, Checklisten und Leitfäden angeboten werden.
- Ruhiges Lerntempo: Die Möglichkeit, Inhalte mehrfach anzusehen oder zu pausieren, unterstützt den individuellen Lernprozess.
- Plattformkonsolidierung: Um das Wechseln zwischen mehreren Plattformen zu minimieren, sollten Bildungsinhalte auf einer einzigen, sicheren Plattform bereitgestellt werden. Dies reduziert Ablenkung und technische Hürden. Neue Plattformen sollten im Voraus angesprochen werden, damit der Lernende sich diese in Ruhe aneignen und gegebenenfalls ein Konto erstellen kann. Wichtig ist, dass es keinen Zwang gibt, für Plattformen Abonnements abzuschliessen, insbesondere wenn der Inhaber entscheidet, dass er dieses Tool nicht benötigt.

Ansätze für modernes Lernen
- Micro-Learning: Lerninhalte in kleinen, übersichtlichen Modulen, die maximal 10 Minuten dauern.
- Video-Tutorials: Demonstrationen von Tools, die praktische Anwendungsbeispiele zeigen.
- Interaktive Checklisten und Leitfäden: Unterstützende Materialien, die die Anwendung der Tools erleichtern.
- Flexible Zertifizierung: Optional erhältliche Zertifikate ohne zeitintensive Prüfungen.
Beispiel für ein erfolgreiches Format: Digital Owner Circle
Struktur: 5-7 Inhaber treffen sich monatlich für 90 Minuten in einem virtuellen Raum.
Ablauf:
Jeder stellt eine aktuelle Herausforderung vor (10 Minuten).
Die Gruppe gibt Feedback basierend auf eigener Erfahrung (5-7 Minuten pro Fall).
Ein Moderator sorgt für Zeiteinhaltung und respektvolle Kommunikation.
Vorteile:
Direkter Austausch auf Augenhöhe zwischen erfahrenen Unternehmern.
Flexible Terminierung ermöglicht Teilnahme trotz vollem Geschäftsalltag.
Kombination aus digitaler Flexibilität und den Vorteilen des Beziehungslernens.
2. Kommunikation und Motivation
Herausforderungen
Die Kommunikation mit Inhabern unterscheidet sich wesentlich von der Ansprache von Schülern oder Studierenden. Während letztere meist theoretische Grundlagen erwerben, bringen Inhaber und Einzelunternehmer wertvolle Praxiserfahrungen mit, die oft aktueller und relevanter sind als veraltete Lehrbuchtheorien. Eine unidirektionale Dozierweise wird von dieser Zielgruppe oft als unangemessen empfunden.
Erfolgreiche Ansätze
- Anerkennung der Erfahrung: Dozierende sollten die praktischen Kenntnisse der Teilnehmenden als Bereicherung sehen und aktiv in den Lernprozess einbinden.
- Praxisorientierte Diskussionen: Lernformate sollten Gelegenheiten schaffen, in denen Teilnehmende ihre Erfahrungen teilen und auf reale Herausforderungen eingehen können.
- Klare Struktur: Lernangebote sollten einen klaren Mehrwert aufzeigen und praxisnah formuliert sein.
- Kurzvideos und Textmodule: Inhalte, die in kurzer Zeit erlernt und direkt umgesetzt werden können.
- Respektvolle Kommunikation: Diese gilt nicht nur für die Inhalte der Kurse selbst, sondern auch für Kommentare und Diskussionen in Foren oder Community-Plattformen. Feedback sollte wertschätzend und konstruktiv sein.
- Einbindung von Beziehungslernen: Auch in digitalen Lernformaten können soziale Interaktionen, wie Peer-Feedback oder Mentoring, integriert werden, um die Motivation zu erhöhen.
3. Warum sind Offline-Treffen und Prüfungen nicht mehr zeitgemäss?
Ausgangslage
Traditionelle Lernformate wie Ganztages-Webinare oder Präsenzschulungen sind für Inhaber und Einzelunternehmer oft nicht praktikabel. Sie stehen im Widerspruch zu den Anforderungen einer flexiblen Arbeitswelt und der Notwendigkeit, das eigene Geschäft kontinuierlich im Blick zu behalten.
Vorteile moderner Formate
- Zeitersparnis: Asynchrone Formate ermöglichen es den Teilnehmenden, Weiterbildung in kleinen Zeiteinheiten zu absolvieren.
- Unabhängigkeit: Lernen kann individuell in ruhigen Momenten stattfinden, ohne den Tagesablauf zu stören.
- Praxisfokus: Videolektionen können gezielt auf die Anwendung eines Tools abzielen, statt theoretische Inhalte in den Vordergrund zu stellen.
- Minimierung von Ausfallzeiten: Die Kombination aus kurzen Lerneinheiten und praxisnaher Wissensvermittlung verhindert, dass längere Abwesenheiten den Geschäftsbetrieb gefährden.
- Reduzierte Kosten: Online-Formate sparen Ausgaben für Anreise, Unterkunft, Verpflegung und Schulungsräume. Dies macht sie besonders für Einzelunternehmer und kleine Unternehmen attraktiv.
- Technologische Fokussierung: AI-Tools erfordern spezifische, praxisnahe Schulungen, die in digitalen Formaten leichter und effizienter vermittelt werden können.
Advanced training for owners in the age of AI 2025 in English
Fazit und Ausblick
Die Weiterbildung mit AI-Tools erfordert einen radikalen Wandel weg von klassischen Formaten hin zu praxisorientierten, flexiblen Selbstlernangeboten. Einzelunternehmer und Inhaber kleiner Unternehmen profitieren am meisten von kurzen, modularen Inhalten, die sofort anwendbares Wissen vermitteln.
Durch die Integration von Beziehungslernen in digitale Formate wird zudem die Motivation gestärkt und das nachhaltige Lernen gefördert. Eine wertschätzende und respektvolle Kommunikation seitens der Dozierenden ist dabei ebenso essenziell wie die Bereitstellung praxisnaher Inhalte.
Diese respektvolle Kommunikation gilt insbesondere auch für nachträgliche Diskussionen, Kommentare und Feedback in Foren oder Communitys.
Ergänzend wäre die Integration von Erfolgsmessungsmethoden sinnvoll, wie z. B. regelmässige Fortschrittschecks, Feedback-Schleifen oder konkrete Anwendungsberichte der Lernenden.
Zukünftige Bildungsansätze sollten noch stärker auf die Bedürfnisse der Zielgruppe eingehen, indem sie personalisierte Inhalte, interaktive Checklisten und optionale Zertifizierungen bieten.
Wichtig ist, dass Lernen nicht als zusätzliche Belastung, sondern als effektive Unterstützung wahrgenommen wird.